Teil 20: Weihnachten im Okavango

Montag, 24.12.2018:

Heute ist Weihnachten, doch das realisieren wir (noch) gar nicht so sehr als um 5 Uhr der Wecker klingelt. Es geht früh aus den Federn denn um 6 Uhr startet unsere „morning activity“. Doch bevor wir in einem Mokoro, einem traditionellen Einbaumboot, durch die Arme des Okavango Delta gefahren werden, wird uns erst einmal Kaffee und Tee an unser Zelt gebracht. Wir sitzen im Halbdunkel auf unserer Terrasse, genießen  die heißen Getränke und werden langsam wach.

Nach einem kurzen Frühstück heißt es den auch gleich aufsitzen zur Mokoro-Fahrt. Da das Delta momentan sehr wenig Wasser führt haben wir bis zur Anlegestelle des Bootes eine knappe Stunde Jeep-Fahrt vor uns. Bei Hochwasser starten die Bootsfahrten direkt vom Anleger der Lodge. Wir freuen uns jedoch sehr auf die Fahrt denn der Fahrtwind ist um diese Tageszeit eine willkommene Erfrischung. Diese Uhrzeit ist wohl auch vielen Tieren noch zu früh, neben ein paar Antilopen und Warthogs sehen wir nichts, und sind darüber auch nicht böse. Bei den Mokoro-Booten angekommen verstauen die beiden „Poler“ (die Boote werden mit einem langen Stock angetrieben und gelenkt) Major und Sunday das Equipment, unser Guide Tabo wird beim Jeep bleiben um diesen zu bewachen. Wir glauben, er wird sich noch eine Runde aufs Ohr legen…

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Mit zwei Booten (Pedro und Marcella sind auch wieder mit von der Partie) geht es dann los durch die Ströme des Deltas. Das Wasser ist zum Teil nur wenige Zentimeter tief. Doch Aussteigen wäre keine gute Idee, im Schlamm bleibt man leicht stecken. Unsere Poler erzählen uns einiges über die Tier- und Pflanzenwelt im Delta während wir fast lautlos übers Wasser gleiten. Als wir tiefere Gewässer erreichen steuern unsere Boote eine kleine Insel an. Zum einen, da jetzt erstmal Kaffe und Tee serviert wird. Zum anderen, weil wir uns einer Gruppe Nilpferden nähern, und diesen Zeitgenossen sollte man auch mit erfahrener Begleitung nicht zu nahe kommen. Die Jungen und Kühe bewegen sich vorne weg, das Leitmännchen sichert die Gruppe nach hinten ab. Wir betreten zum Morgenkaffee (es ist mittlerweile 7.30 Uhr) festen Boden und beobachten die für den Menschen gefährlichsten Tiere des Deltas aus sicherer Entfernung.

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Wir lernen, dass Hippos im Falle einer möglichen Bedrohung zuerst das Boot umwerfen und dann mit ihren kurzen aber starken Beinen auf die ins Wasser gefallenen ein trampeln. Na dann halten wir lieber Abstand, sumpfiges Wasser ist auch nicht so unser Revier. Ob unsere Poler schon einmal über Bord gegangen sind wollen wir wissen. Ja, aber nur um die Kamera eines Touristen zu retten. Voller Einsatz für den Gast eben.

Nach der Rückkehr zum Jeep reißen wir Tabo aus dem Schlaf, was dieser natürlich nicht zugibt. Wir brechen auf zurück zum Camp. Jetzt erfahren wir einiges über die Geheimnisse des Tiere-Aufspürens. Live und in Action. Als wir eine Gruppe von laufenden/springenden Antilopen entdecken fahren wir in die Richtung von deren Ausgangspunkt. Dort können wir aus dem Unterholz Geräusche vernehmen. Diese hören sich so an, als würden viele Personen gleichzeitig fest durch die Nase ausatmen. Als Urheber entpuppt sich eine Gruppe (wohl weniger ängstliche) Antilopen. Der Grund für deren aufgebrachtes Schnauben bleibt uns erst verborgen, doch dann sehen wir sie: eine  Leopardin, nur etwa 5 Meter von uns entfernt.

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Als die Leopardin losmarschiert folgen ihr die Antilopen in sicherem Abstand und schnauben sie an, dies hebt ihre Tarnung auf und macht sie so ziemlich jagdunfähig. Ich denke mir kurz: „Die arme, falls sie mal gar nicht jagen sondern einfach nur umherstreifen will, wird sie die ganze Zeit von diesem Geräusch verfolgt.“

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Wahrscheinlich ist sie auch genervt und klettert kurze Zeit später auf einen Baum um es sich dort bequem zu machen. Daraufhin ziehen auch die Antilopen ab. Endlich Ruhe. Wir sitzen im Auto und betrachten unser Weihnachtsgeschenk, so eine Begegnung haben wir uns zwar gewünscht aber keinesfalls erwartet.

Nachdem die Leopardin keine Astalten macht, sich die nächsten Stunden zu bewegen fahren wir zurück zum Camp, das Brunch wartet. Mittlerweile sind Manni und seine beiden Begleiterinnen abgereist und wir sind mit Pedro und Marcella die einzigen Gäste. Nach dem hervorragenden Essen ist es Zeit für eine Siesta (Nachmittags-Bier fällt aufgrund Manni Abreise heute aus) bis um 16 Uhr wieder zum High Tea gerufen wird.

Bei diesem sind dann auch die vier Neuankömmlinge, ein Pärchen aus Schweden und eines aus der Schweiz, anwesend. Wir stoßen schonmal vorab auf Weihnachten an bevor wir zu unserem Sundowner aufbrechen. Diesmal geht es zu einem Gewässer an dem sich auch Nilpferde aufhalten. Unser Weg kreuzt den eines jungen Elefanten. Dieser ist davon nicht ganz so begeistert. Er stellt seine Ohren nach vorne, hebt seinen Rüssel und trompetet. Daraufhin springt Tabo aus dem Jeep, zeiht seine Schreckschusspistole und als der Elefant auf uns zurennt feuert er einen gezielten Schuss direkt neben sein rechtes Vorderbein. Der Elefant tötet empört und dreht ab. Wir fragen Tabo, wie oft er denn so eine Maßnahme ergreifen muss. Er meint lachend, das sei sein erstes Mal gewesen. Ob das tatsächlich so ist oder er uns einfach gut unterhalten wollte bleibt dahingestellt.

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In unserer kleinen Weihnachtsrunde aus allen Herrenländern stoßen wir auf den Heiligen Abend an und tauschen uns über die Bräuche in unsren jeweiligen Heimatländern aus. Laura und ich schenken uns nicht materielles zu diesem Fest. Der Urlaub ist Geschenk genug. Was wir merken ist, dass wir unsere Familien vermissen. Nächstes Jahr gibt es wieder (vielleicht sogar weiße) Weihnachten unterm Christbaum mit Glühwein und Würstchen mit Kartoffelsalat. Es ist schön zu merken, dass es bei Weihnachten nicht um Geschenke geht sondern darum, sich Zeit zu nehmen und diese Zeit dann auch zu genießen. Trotz ein bisschen Sehnsucht nach zu Hause genießen wir es, an diesem Tag an eben diesem wundervollen Ort sein zu können und lassen uns nach einem Ausklang am Lagerfeuer von Tabo ins Bett bringen.

Teil 19: Maun International

Sonntag, 23.12.2018:

Voller Aufregung vor dem bevorstehenden Trip in die Lodge packen wir Helmut zusammen und unsere Sachen für die Weihnachtstage im Okavango Delta. Das Auto lassen wir für den kurzen Urlaub vom Urlaub im Old Bridge Backpackers geparkt. Als Tourist kann man nämlich nur mit einem Kleinflugzeug ins Delta fliegen. So bekommen wir mit unserem Lodge-Aufenthalt nicht nur die Annehmlichkeiten einer solchen Unterkunft sondern auch zwei Flüge über das Okavango Delta.

Mit dem Taxi geht es dann um 7.15 Uhr los zum Flughafen, dem „Maun International Airport“. Die Straße zum Old Bridge kam uns mit unserem 4×4-Fahrzeug relativ entspannt vor, da das Taxi zum Flughafen wohl gar keine Stoßdämpfer mehr hat erinnert uns die Fahrt eher an die Buckelpiste durch den Chobe als an einen innerstädtischen Flughafentransfer. Schließlich biegen wir von Mauns Hauptstraße rechts zum Airport ein. Wir sind zum jetzigen Zeitpunkt die einzigen Touristen, die anderen Fluggäste sind ausnahmslos Mitarbeiter von Lodges. Da der Flughafen auch Flüge nach Südafrika und Namibia bedient, darf er sich „Maun International“ nennen. Er erinnert optisch eher an ein verlassenes Bürogebäude der ehem. DDR.

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Nach einem kurzen Frühstück im Flughafencafé ist dann auch Boarding. Wir haben unsere Boardkarten (handschriftlich auf Papier) bereit und begeben uns durch die Sicherheitskontrolle. Diese ist auch trotz des rustikalen Erscheinungsbildes nicht weniger streng als in München oder Frankfurt. Mit einem Kleinbus geht es aufs Rollfeld wo unsere Maschine wartet und wir von unserem Piloten begrüßt werden. Mit uns fliegen noch zwei Angestellte unserer Lodge. Als ich frage, ob dies ihr täglicher Arbeitsweg ist erzählen sie, dass sie immer drei Monate am Stück in der Lodge arbeiten und dann einen Monat am Stück frei haben.

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Wir heben ab und haben einen atemberaubenden Blick auf die Weite des Deltas. Der Flug verläuft total „smooth“ und aus der Vogelperspektive erhaschen wir Blicke auf Elefanten und Antilopen. Das Delta ist momentan ziemlich ausgetrocknet, wenn hier nach er Regenzeit alles mit Wasser gefüllt wirkt es sicherlich wie eine ganz andere Welt.

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Nach ca. einer halben Stunde Flug landen wir auf der Lodge-eigenen Landebahn wo bereits unser persönlicher Guide für die nächsten Tage in seinem Jeep wartet. Unser Guide heißt Tabo und scheint ein wirklich witziger Kerl zu sein. Wir sind schonmal erleichtert, dass die Stimmung sehr offen und ehrlich und nicht zu steif und hierarchisch ist. Zum Camp sind es ca. 10 Minuten Fahrt. Bei der Ankunft warten bereits die Mitarbeiterinnen der Lodge und begrüßen uns mit einem Lied. Es ist zum Glück so kurz, dass wir gar keine Zeit haben verlegen zu werden.

Im Anschluss begrüßt uns eine Managerin um uns mit dem Camp, den Aktivitäten und den Sicherheitsregeln vertraut zu machen. Auch wenn es hier an nichts mangelt und wir uns auf einem sehr hohen Standard bewegen, ist es hier doch immer noch Wildnis. Die Lodge ist nicht eingezäunt und zu unserem Zelt sind es fast 10 Minuten zu laufen. Nach Einbruch der Dunkelheit müssen wir uns also von Tabo nach Hause bringen lassen, dürfen den Weg nicht alleine gehen. Als Begrüßungsgeschenk bekommen wir jeder eine gravierte Trinkflasche aus Glas, die wir stets mit gekühltem Wasser befüllen, auf unsere Aktivitäten und anschließend mit nach Hause nehmen können.

Nachdem unser Gepäck bereits in unser Zelt gebracht wurde und wir auch dorthin geleitet werden haben wir jetzt erst einmal ein paar Stunden frei bis um 16 Uhr High Tea serviert wird. Wir erkunden also unser Zelt und lassen uns auf das riesige Bett fallen.

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Laura bleibt dort gleich für ein Mittagsschläfchen und mich zieht es zum Pool, wo ich einen anderen Gast treffe. Die Lodge hat eine Kapazität von insgesamt 20 Personen, momentan sind wir sieben Gäste. Auf Seiten des Personals sind es sicher 40 Leute, die für unser Wohlbefinden sorgen. Nach den Wochen der Selbstverpflegung sind wir wohl die dankbarsten Gäste. Der andere Gast, den ich treffe ist Manni aus Portugal. Er hat in den 70ern und 80ern „a little money“ in den Gold- und Diamantenminen im gesamten südlichen Afrika verdient und lebt nun mit seiner südafrikanischen Frau wieder in Portugal. Wir trinken ein paar Bier, gehen in den Pool und reden über Gott und die Welt.

Nach dem High Tea mit frischem Kuchen und Gebäck beginnt unsere „afternoon activity“. Wir fahren zusammen mit Marcella und Pedro, einem jungen Ehepaar aus Ecuador bzw. Kolumbien, in einem offenen Geländewagen durch den Busch auf der Suche nach Tieren. Tabo hat uns zu Beginn danach gefragt, was wir gerne sehen möchten und wir haben wie aus der Pistole geschossen geantwortet: „Leopard“. Also sind wir jetzt auf der Suche nach einem solchen. Auf seine humorige Art erzählt uns Tabo allerlei interessantes über die hiesige Flora und Fauna, wir sehen Giraffen, Elefanten, Impalas, Red Lechwe (eine Antilopenart die sich stets in Wassernähe aufhält), Warthogs (meine erklärten Lieblingstiere des Urlaubs) und diverse Vogelarten. Plötzlich steuert Tabo auf einen Baum zu und als wir diesen erreichen, sehen wir ersteinmal nichts. Doch genau im Gras vor uns liegt ein großer männlicher Löwe der gerade eine Fresspause einlegt. Seine Mahlzeit ist ein Gnu, dessen Bauchhöhle klafft offen und liefert den Beweis, dass es sich bei dieser Art tatsächlich um Grasfresser handelt. Tabo fährt auf die andere Seite des Baumes und bringt uns so auf die andere Seite des Windes. Wir danken es ihm, der Gestank des toten Tieres überstieg fast die Schönheit des Löwen.

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Obwohl der Löwe nur knapp vier Meter von uns entfernt im Gras liegt haben wir keinerlei Angst. Was die Anwesenheit eines erfahrenen Rangers doch bewirkt. Wir lassen den Löwen in Ruhe und fahren zu einem Plateau mit Blick zum Horizont, es ist Zeit für den Sundwoner. Tabo und sein Spurenleser Major holen einen Tisch und eine Kühlbox aus dem Jeep und servieren eiskalten Gin Tonic. Mit dem Blick über die Steppe schmeckt dieser einfach so, wie man sich Gin Tonic in Afrika vorstellt.

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Nach unserer Rückkehr ins Camp sitzen wir mit den anderen fünf Gästen, den Guides und den Managern der Lodge beim Abendessen, trinken hervorragenden südafrikanischen Wein und tauschen unsere Sichtungen des Tages aus. Auch wenn hier alles inklusive ist braucht es heute genau noch einen Gin Tonic, dann gehen bei uns die Lichter aus.

 

Teil 18: Der Genuss, nicht zu fahren

Donnerstag, 20.12. – Samstag, 22.12.2018:

Nach der Fahrerei der letzten Wochen ist es ein wirklicher Luxus, nicht morgens das Zelt abzubauen, den Tag im Auto zu verbringen um am Abend das Zelt wieder aufzuschlagen. Trotz der Schönheit der Landschaft, der Nähe zu den Tieren und manch witziger Geschichte ist das tägliche Reisen ein bisschen wie das täglich grüßende Murmeltier und zehrt auch an den Nerven. Das ist aber wohl der Preis, den man zahlt wenn man so viel wie möglich sehen möchte.

Die Tage in Maun sind dafür eine willkommene Abwechslung. Der Gaskocher bleibt aus, wir lassen uns im Restaurant heiße Burger und Pizzen schmecken, die Bar versorgt uns mit eiskaltem „Windhoek Lager“ und Amarula on Ice. Der Blick vom Old Bridge Backpackers auf den Fluss und die Kühe gibt uns fast das Gefühl von zu Hause.

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Wir sind „angekommen“ und haben nun auch endlich die Zeit und das Internet, um uns in unserem wirklichen zu Hause zu melden. Von Laura habe ich zum Nikolaus das Kartenspiel „The Game“ bekommen. Das packen wir jetzt aus und werden nach kurzer Zeit süchtig. Die Stunden vergehen nur so beim Spielen und die Gedanken an die langen, ruckelnden Sandpisten der vergangenen Wochen ebenso.

Maun ist an sich keine schöne Stadt, eigentlich gar keine Stadt sondern vielmehr eine lange Straße gesäumt von Supermärkten, Schrotthändlern und Tuck Shops (kleine Kioske die Handyguthaben und Pommes verkaufen). Maun ist aber der Ausgangspunkt für Reisen ins Okavango Delta, ein von Angola aus mit dem Wasser des Flusses Cavango gespeistes Delta mit einer atemberaubenden Landschaft und einer einmaligen Vielfalt an Tieren. Dokutipp: Okavango – Der Fluss der Krokodile.

Das Okavango Delta ist auch Heimat einiger ausgewählter Lodges, die zahlungskräftigen Gästen Fünf-Sterne-Luxus inmitten dieser einzigartigen Kulisse bieten. Die Preise für eine Nacht reichen hier bis zu 8.000 Euro pro Person. Von einem Freund habe ich den Tipp bekommen, dass die meisten Lodges jedoch mit sich handeln lassen, wenn sie kurzfristig noch Kapazitäten frei haben. Diesen Rat nehme ich mir zu Herzen und starte meine Verhandlungen. Wäre ja eine tolle Art, Weihnachten zu feiern. Tatsächlich erhalte ich bereits einige Stunden nach Versenden meiner ersten Mail eine Antwort und diese sogar von unserer favorisierten Lodge. Diese ist nämlich nicht auf den reinen Luxus ausgerichtet, sondern auf ein persönliches Ambiente im Einklang mit der Natur. Luxus bietet sie aber trotzdem. Zu einem unschlagbaren Preis werden wir also die Tage vom 23. bis 25. Dezember in einer dieser sagenhaften Lodges zubringen. Was für eine Entwicklung, gerade haben wir uns noch über die sauberen Duschen auf dem Campingplatz gefreut. Aber: Die Vielfalt macht das Leben spannend.

 

Teil 17: 78 Kilometer in elf Stunden

Donnerstag, 19.12.2018:

Der Wecker ist auf 6 Uhr gestellt, doch bereits davor sind wir beide wach. Wir haben fast nicht geschlafen, da uns die Tiere (vor allem die zwei paarungswilligen Elefantenbullen und die Löwen) sehr nahe gekommen sind.

Gerade die Löwen waren unserem Zelt so nah, dass wir sie riechen konnten. Laura beschreibt den Geruch von Löwen so: wie eine Katze x 10 gepaart mit dem eisengeschwängerten Geruch von frischem, rohen Fleisch. Ein toller Geruch mitten in der Nacht und nur von einer Zeltplane umgeben. Als Laura am Abend noch zur Toilette musste und ich ihr anbot sie die 500 Meter im Dunkeln zu Fuß zu begleiten, lehnte sie dies ab und die Abendhygiene wurde nah am Auto erledigt. War sicherlich die bessere Wahl.

Trotz der kurzen Nacht müssen wir heute früh los denn die Handy-App (das Ersatzkabel für Helmuts Navi hat auch keine Abhilfe geschaffen) sagt für die 78 KM durch den Chobe bis zur nächsten Station sagenhafte 11 Stunden Tiefsandfahrt voraus. Na dann wollen wir mal sehen, ob wir im Hellen ankommen.

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Unsere nächste Station wird Dijara, eine Campsite am südlichen Ende des Chobe-Nationalparks. Zwischen Savuti und Dijara gibt es eine „Marsh-Road“ und eine „Sandridge-Road“. Auch wenn wohl beide Routen die Bezeichnung „Road“ wohl kaum verdienen haben wir uns bereits in Windhoek dafür entschieden, definitiv die „Sandridge-Road“ zu nehmen. Der Grund dafür steht am Ende dieses Kapitels. Also fahren wir auf der Sandpiste entlang Richtung Süden. Auf dem Weg machen wir einen Abstecher um den „Leopard’s Rock“, der Leopard ist das einzige der Big Five-Tiere, das wir noch nicht gesehen haben. Die Leoparden scheinen wohl alle im Schatten zu dösen, uns zeigt sich keiner und so lassen wir uns weiter von der sandigen Buckelpiste durchrütteln. Dabei können wir der Anzeige in der Handy-App zusehen, wie sie die Zeit bis zur Ankunft in Dijara alle zehn Minuten um ca. eine Stunde verkürzt. Uns ist es lieber so als andersherum. Durch die tiefen und schwer zu sehenden Löcher im Sand ist die Fahrt aber auch in weniger als elf Stunden eine ganz schöne Plackerei.

Sehr glücklich (und auf Seiten des Fahrers auch etwas stolz) erreichen wir dann nach ca. der Hälfte der angegebenen Zeit das Camp Dijara. Bereits bei der Anfahrt fällt uns auf, dass die gesamte Gegend von Elefanten niedergetrampelt wurde. Augenscheinlich waren das etwas mehr Tiere als zwei zwei Exemplare von letzter Nacht. Auch für dieses Camp haben wir im Voraus bezahlt, ebenso 100 US-Dollar. Während wir für manche, wirklich schöne, Campsite ca. 6 Euro pro Nacht und Person bezahlt haben, sind die Preise in dieser Region Botswanas extraorbitant teuer und fast schon unverschämt. Beim Camp Dijara kommt noch die Herausforderung dazu, dass wir die Einfahrt zum Camp nicht finden können. Schließlich sehen wir ein kleines Schild, das noch an einer Ecke an einer Kette befestigt ist, vor sich hinbaumelt und auf die Campsite hinweist. Wir fahren also in den kleinen Weg. Kein Gate, kein Personal, keine anderen Gäste. Nur wir. Nicht ganz: nur wir und ca. 50 Elefanten.

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Jetzt sind wir uns nicht ganz sicher, ob wir wirklich zur Campsite gefahren sind oder ob nicht auf dem Schild ein Pfeil in eine andere Richtung gezeigt hat. Also fahren wir zu diesem zurück um uns zu vergewissern. Die Elefanten beäugen uns beim Rangieren neugierig. Zurück beim Schild finden wir darauf zwar keinen Pfeil dafür jedoch eine Telefonnummer. Mit unserem botswanischen Handy rufen wir diese an und der Mann am anderen Ende der Leitung sagt uns, wir sollen uns doch einfach irgendwo hinstellen da keine anderen Reisenden erwartet werden. Die Gesellschaft anderer Menschen hätten wir jetzt durchaus geschätzt. Plötzlich fährt ein südafrikanischer Geländewagen heran und bleibt neben uns stehen. Wir denken, die beiden Insassen wollen uns etwas fragen und lassen ein Fenster herunter. Doch sie schauen in die andere Richtung. Wir wollen wissen, was die beiden denn da beobachten und fahren an ihrem Auto vorbei. Dann sehen wir die beiden Löwinnen, die sich einem toten „Wildebeest“ (Gnu) nähern.

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So schön die Tiere auch sind, jetzt ist die Zeit zu fragen, ob wir hier die Nacht verbringen können und wollen. Wir brauchen nicht lange diskutieren und fassen nach kurzer Überlegung den Entschluss, trotz der bezahlten 100 US-Dollar für den Stellplatz die Nacht in Dijara zu überspringen und direkt nach Maun zu fahren. Das bedeutet zwar weitere 160 KM über Sandpiste aber an ein Aussteigen ist in Anbetracht der tierischen Mitcamper nicht zu denken. Die Entscheidung werden wir auch nicht bereuen, denn auf der Weiterfahrt fahren wir durch Dörfer, die vollständig von Elefanten zerstört wurden und wohl seitdem verlassen sind. Unsere Nerven sind etwas angespannt denn durch die Weiterfahrt werden wir heute fast 12 Stunden im Auto sitzen.

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Als wir schließlich in Maun im Old Bridge Backpackers ankommen ist die Stimmung aber wieder gehoben. Das Camp ist direkt an einem Fluss gelegen (einem der tatsächlich auch Wasser führt) hat eine Bar, einen Pool und saubere und funktionierende Duschen. Zur Begrüßung gibt es erstmal ein kühles Bier und eine Runde planschen. Auf der anderen Uferseite des Flusses grasen Kühe, Esel streifen umher. Diese Sorte Tier ist uns heute Nacht eindeutig lieber.

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Da wir jetzt den Chobe erfolgreich durchquert haben können wir nun auch die Geschichte von Anna und Björn in allen Details lesen. Die beiden haben im April die Durchquerung gewagt und ihre Geschichte zeigt, was auch passieren kann wenn man zur falschen (Jahres-)Zeit am falschen Ort ist. Wir kannten die Geschichte der beiden bereits seit Windhoek und haben uns durch die Erzählung für die „Sandridge-Road“ entschieden. Wir wollten hier niemanden vor unserer gesunden Durchquerung verunsichern und haben uns daher entschieden, sie erst mit diesem Kapitel zu verlinken.

 

 

Teil 16: Hinein in den Chobe

Dienstag, 18.12.2018:

Nach einer kurzen Verabschiedung von Tanya und Rainer checken wir noch unsere Wasser-, Essens- und Spritvorräte (also Diesel). Hier nehmen wir lieber viel zu viel als zu wenig mit denn heute geht es in den Chobe. Auf der vor uns liegenden Fahrt über drei Tage von Kasane nach Maun gibt es keine Möglichkeit irgendetwas zu kaufen. Nachdem wir alles doppelt gecheckt haben brechen wir auf nach Kasane wo sich die Einfahrt zum Chobe befindet.

Am Eingangstor müssen wir uns wieder in ein Buch eintragen (Reisepassnr. und namibisches Kennzeichen kann ich mittlerweile im Schlaf) und dann liegt vor uns die Sandpiste in Richtung unserer ersten Übernachtungsstation im Chobe, dem Camp Savuti. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase wird der Sand immer tiefer. Am linken „Straßen“rand befiehlt irgendwann ein Schild: „2. Gang rein und Vollgas“. Das wird befolgt und mit vollem Karacho brettern wir durch/über richtig tiefen Sand einige hundert Meter einen Hügel hinauf. Oben angekommen steht ein zweites Schild, das besagt: „Herzlichen Glückwunsch! Sie haben dieses schwierige Stück geschafft. Vor allem, wenn Sie einen Land Rover fahren“. Gut, dass Helmut ein Toyota ist.

Noch immer angespornt von dem ersten Schild fahre ich zügig über den Sand, nach dem dritten Aufsetzer ermahnt mich Laura dann doch zu einer etwas gemäßigteren Fahrweise. Ich sehe es ein, gerade weil eine Panne im Chobe (man darf nicht aussteigen und ein anderes Fahrzeug haben wir hier drin noch nicht gesehen) eine mittlere Katastrophe wäre. Mit gemütlicherer Geschwindigkeit schaukeln wir weiter bis wir schließlich das Gate vom Camp Savuti erreichen.

Die Frau am Gate ist eine von der schlecht gelaunten Sorte, nach einer sehr kurz gehaltenen Begrüßung möchte sie den Betrag für die Übernachtung kassieren. Savuti ist einer der wenigen Campsites, die wir im Voraus gebucht und bezahlt haben. Ich sage der grummeligen Gate-Frau, dass wir die 100 US-Dollar (für eine Nacht!) bereits überwiesen haben. Ohne meine Aussage zu überprüfen lässt sie uns passieren. Savuti besteht aus nur 10 Stellplätzen (deswegen haben wir lieber vorgebucht), hat keinen Zaun und ist etwas erhöht im Halbkreis um eine Ebene gelegen. Es gibt ein zentrales Ablution-Haus (Toiletten, Duschen und Spülbecken für Geschirr) welches ca. 500 Meter von unserer Campsite gelegen ist. Von den anderen Campern sehen wir fast nichts, soweit sind die einzelnen Campsites auseinander. Von anderen Afrika-Erfahrenen haben wir im Namibia-Forum gelesen, dass es im Camp Savuti eine „Paradise-Campsite“ geben soll. Diese ist am weitesten abgelegen und man hat den besten Blick auf die Ebene. Leider war die „Paradise-Campsite“ bereits vergeben, sodass wir dank einer in Metz gefundenen selbstgezeichneten Karte die ihr nächstgelegene Campsite, Nummer 4, gewählt haben.

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Wir positionieren Helmut also auf Platz Nr. 4 und errichten uns einen Spähposten. Das Auto wird so ausgerichtet, dass wir vom Dachzelt die ganze Ebene einsehen können. Die Kamera und das Fernglas in den Händen halten wir Ausschau nach Tieren.

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Durch das Geschüttel der Fahrt, die Mittagshitze und die Gemütlichkeit unseres Ausgucks fallen wir aber beide schnell in einen Nachmittagsschlaf.

Als wir wieder erwachen ist die größte Hitze verflogen und wir werfen den Grill an (also Laura wirft den Grill an ich sitze mit einem kühlen Bier daneben) und bereiten uns auf einen Abend inmitten der Einsamkeit am Feuer vor. Es gibt Käsekrainer, diese haben wir noch aus der „deutschen“ Zeit in Swakopmund im Gepäck.

Nach dem Essen sitzen wir am Feuer, schauen in die Weite der Ebene und hören das Tröten von Elefanten und das erste Löwengebrüll des Abends. Plötzlich steht jemand hinter uns und reißt uns mit einem lauten „Knock knock“ aus der Ruhe. Es ist ein Ranger des Camps. Er ist ohne Licht und nur mit Flips Flops an den Füßen in der Dunkelheit unterwegs. Er sei gekommen um uns zu warnen, teilt er uns mit. In der unmittelbaren Umgebung gäbe es Probleme mit zwei jungen Elefantenbullen. Die beiden seien auf der Suche nach paarungswilligen Elefanten-Damen und da ihre Suche wohl auf wenig Gegenliebe stößt drehen die beiden etwas am Rad. Er gibt uns den Tipp, uns lieber ins Dachzelt zurückzuziehen und den Elefanten auf jeden Fall fern zu bleiben, sollten diese sich unserem Auto nähern. Dann zieht der Ranger weiter in die Dunkelheit. Mit gehörigem Respekt klettern wir in das Zelt und versuchen, begleitet vom Tröten der beiden geilen Bullen und sehr nahem Löwengebrüll, einzuschlafen.

Teil 15: Grenzerfahrungen

Montag, 17.12.2018:

Um 5.30 Uhr klingelt der Wecker und scheucht uns aus den Federn. Um 7.00 Uhr geht der Shuttle zu den Victoria Falls. Das Löwengebrüll in der Nacht klang sehr nah und ohne Zaun vielleicht sogar zu nah. Wir haben uns für einen Shuttle entschieden, da wir bisher von allen gehört haben, den Grenzübertritt nach Simbabwe bloß nicht mit dem eigenen Auto zu wagen. Der Rat wird sich bewahrheiten.

Da uns Laura bereits am Vorabend Sandwiches gemacht hat geht es nach einer Katzenwäsche los zum Abfahrtsort des Shuttles. Hier treffen wir auch Rainer und Tanya. Unser Fahrer Dumi gibt uns schon vor Fahrtantritt die Einreisepapiere für Simbabwe und rät uns, die Visagebühr am besten in Euro zu bezahlen. Kurz zurück zu unserem Auto und Euros geholt, dann geht die Fahrt los. Wir steuern aber nicht die Grenze sondern die nächste Tankstelle an. Warum, wird sich später zeigen. Den Tankstopp nutze ich und kaufe mir eine kalte Bananenmilch. Ich liebe Bananenmilch. Meine Vorfreude wird jäh getrübt als ich den ersten Schluck nehme und feststelle, dass ich wohl das nächste Mal besser die Inhaltsstoffe lesen sollte. Die „Bananenmilch“ ist nämlich nicht wirklich aus Milch sondern aus Wasser, Maizemehl (das Nationalgericht im südlichen Afrika „Millipap“ wird hieraus gemacht) und künstlichen Geschmacksstoffen. Ich schlucke das mehlige Gesöff und werde den Rest bei der nächsten Gelegenheit entsorgen…

Auf dem Weg zur Grenze entdecken wir Elefanten und Büffel nur ein paar Schritte vom Auto entfernt am Straßenrand. In Botswana gibt es auch außerhalb der (ohnehin nicht umzäunten) Nationalparks eine Vielfalt an Tieren was vielleicht bedingt ist durch das generelle Jagdverbot aus dem Jahr 2014. Die Grenze ist nach nur 10 Minuten Fahrt erreicht und wir sollen schonmal am Schalter anstehen während Dumi den Papierkram für das Auto erledigt. An den Visa-Schaltern herrscht geordnetes Chaos. Die Leute stehen in einer großen Traube vor den drei geöffneten Fenstern. Immer wieder kommt von hinten ein Guide, geht durch die Traube von Wartenden an ein Fenster und regelt die Einreise für seine Gäste. Es gibt sogar Leute, die die ganze Zeit vorne am Schalter stehen und immer wieder Pässe entgegennehmen und die Visa eintragen lassen. Für ein kleines „Trinkgeld“ könnten wir wohl auch so unsere Formalitäten beschleunigen. Doch das ist gar nicht nötig denn plötzlich steht Dumi ganz vorne und winkt uns zu sich. Wir gehen an den anderen Wartenden vorbei zum Grenzbeamten. Wehe dem, der keinen Guide dabei hat.

Der Zollbeamte heißt Felix und möchte ersteinmal ein paar neue Wörter auf Deutsch beigebracht bekommen. Wir machen ein paar Späße und nach wenigen Minuten und 50 Euro weniger in unserer Tasche haben wir die Visa für Simbabwe. Im Auto zeigt uns Dumi seinen Reisepass, er ist voller Stempel und Dumi muss sich alle drei Monate einen neuen besorgen. In dieser Region als Guide zu arbeiten lässt die freien Seiten im Pass schnell schrumpfen. Warum wir noch einen Tankstopp in Botswana eingelegt haben erfahren wir auch gleich bei der Weiterfahrt. In Simbabwe gibt es keinen Treibstoff. Eine immernoch bestehende Folge der wirtschaftlichen Isolierung Simbabwes als Erbe der Mugabe-Diktatur. In jedem Fall eine gute Entscheidung, hier nicht mit dem eigenen Fahrzeug einzureisen.

Nach einer weiteren Stunde Fahrt erreichen wir das Ziel des Tages, die 1,7 KM breiten und damit breitesten Wasserfälle der Welt und eines der sieben Weltnaturwunder, die Victoria Falls. Die Vic Falls sind von der sambischen als auch der simbabwischen Seite zugänglich. Wir haben uns für Simbabwe als Ausgangspunkt entschieden, da während unserer Reisezeit von hier aus mehr Wasser fließen soll. Wir befinden uns am Beginn der Regenzeit und um diese Zeit sollen die Fälle am leersten sein. Nachdem die 30 US-Dollar Eintritt pro Person zu den Wasserfällen bezahlt sind gehen Rainer und Tanya erst einmal ins Cafe um zu frühstücken. Dank Lauras Sandwiches machen wir es uns auf einer Wiese in dem tropenähnlichen Park rund um die Vic Falls gemütlich. Es ist 10.30 Uhr und wir fahren um 14.30 wieder zurück, also kein Stress.

Nachdem wir einen Baboon beobachtet haben wie er mit Leichtigkeit auf eine vergitterte Mülltonne geklettert ist, diese öffnete und sich an den Überbleibseln touristischer Doggy-Bags bediente marschieren wir los zu den Wasserfällen. Trotz des Wenigwassers sind die Victoria Falls ein beeindruckendes Naturwunder. Auf ihrer gesamten Breite stürzt zwar nur von gut einem Drittel Wasser hinab und trotzdem spritzt die Gischt noch weit über die 93 Meter tiefe Schlucht hinaus.

Wir können es uns fast nicht vorstellen, wie nass man hier wird wenn die Fälle voll sind. Durch das ständige Spritzwasser ist die Umgebung auch unglaublich feucht und erinnert mehr an einen südostasiatischen Regenwald als eine Oase im südlichen Afrika.

Wir machen einen Abstecher nach Sambia, das von der Victoria Falls-Brücke zu Fuß aus erreicht werden kann. Auf dieser Brücke kann man Bungee springen, nach meinem Bungeesprung von der Europabrücke im Jahr 2017, verzichte ich dankend.

Bei unserer Rückfahrt halten wir noch an einem Markt für Souvenirs, wir brauchen noch einen Kühlschrankmagneten. Da wir die einzigen Touristen auf dem Markt sind werden wir sofort nach Verlassen des Autos von Händlern umringt, zu deren Ständen geführt und afrikanische Verkaufsgespräche beginnen. Was uns sofort auffällt ist neben der Tatsache, dass auf diesem Markt alle Währungen akzeptiert werden, dass die Händler viel lieber noch Tauschware annehmen würden. Ich werde nach meiner Cap, meiner Sonnenbrille aber auch meinen getragenen Socken im Gegenzug für ein Tier aus Holz, Stein oder Metall gefragt. Auch meine Aussage, dass wir auf Safari seien und ich die Socken bereits seit mehreren Tagen und ohne tatsächliche Dusche tragen würde schreckt hier niemanden ab. Simbabwe hat als offizielle Währungen den US-Dollar, den Euro, den südafrikanischen Rand und sogar den chinesischen Renminbi. Die eigentliche Währung, der Zimbabwe-Dollar wurde nach einer Hyperinflation i.H.v. bis zu 231 Mio. Prozent im Jahr 2015 abgeschafft. So kann man neben den Schnitzereien auf dem Markt auch Scheine über 100 Trillionen Zimbabwe-Dollar für einige Eurocent erstehen (oder gegen ein paar getragene Socken eintauschen). Wir erstehen den Kühlschrankmagneten und einen hölzernden Elefanten dann doch im Tausch gegen Bargeld und treten die Heimreise an.

Bei der Rückkehr von Simbabwe nach Botswana wird uns dann auch bewusst, warum man besser mit dem Shuttle fahren sollte. An der Grenze herrscht das pure Chaos. Es gibt nur eine gemeinsame Spur für die Aus- und Einreise von Fahrzeugen und auf dieser ist ein LKW liegengeblieben. Es tut sich nichts, LKW-Fahrer schreien sich genervt an und Tourguides schicken ihre Gäste zu Fuß über die Grenze um mit dem Auto wieder zurückzufahren. Nur Dumi behält die Nerven und geht zu den Zollbeamten um einen Lagebericht einzuholen. Dafür überlässt er mir das Steuer und ich parke unseren Kleinbus im Grenzchaos in einem etwas ruhigeren Eck. Dort lerne ich auch einen Mann kennen, der seit vier Tagen im Auto schläft weil er auf die erforderlichen Einfuhrpapiere für sein in Botswana gekauftes Auto wartet. Er sitzt auf der Pritsche seines Pick-Ups, betrachtet das Verkehrschaos und lacht. Von Ungeduld oder Wut auf die Grenzbeamten keine Spur. Auch das ist Afrika.

Nach der Rückkehr im Camp packen wir die Sachen für die Reise in den Chobe morgen zusammen und verabreden uns mit Rainer und Tanya noch auf ein Bier in der Bar oberhalb des Wasserlochs.

Teil 14: Good Morning Botswana

Sonntag, 16.12.2018:

Während wir zusammenpacken kommt der Ranger vom Vortag und vermeldet, die Internetverbindung (über Satellit) stehe nicht und somit sei keine Kreditkartenzahlung möglich. Weil wir ja heute die Grenze zu Botswana überqueren haben wir in Namibia kein Bargeld mehr abgehoben. Wir haben noch 330 Namibia-Dollar und ein paar Euro. Die Übernachtung kostet aber 500 Namibia-Dollar. Ein für namibische Verhältnisse stolzer Preis von ca. 30 Euro. Ich biete an, dass ich ja als Aushilfs-Ranger den Differenzbetrag abarbeiten kann. Der echte Ranger versteht den Witz nicht und meint, wenn mir dann etwas passiert hätte er nur „big trouble“. Also müssen wir eine Lösung finden und bieten ihm unsere gesamten namibischen Dollar plus 10 Euro an. Der gute Mann hat wohl noch nie Euroscheine gesehen und ist dementsprechend misstrauisch als wir ihm die zwei Fünfer in die Hand geben. Er akzeptiert sie dann doch. Wir haben ein schlechtes Gewissen da er sie wohl nur zu einem äußerst schlechten Kurs gewechselt bekommt. Vielleicht so beschämt wie die Kanadier zwei Tage zuvor packen wir schnell zusammen und fahren über die Sandpiste los Richtung botswanischer Grenze.

Was haben wir nicht alles vom Grenzübertritt nach Botswana gehört: keine verderblichen Lebensmittel zur Einfuhr erlaubt, Schuhe und Reifen werden als Prävention vor der Maul- und Klauenseuche desinfiziert, lange Schlangen bei der Einreise. Nach unserer Ankunft in Windhoek ist dies der zweite von insgesamt 14 Grenzübertritten auf unserer Reise. Uns fällt im Grenzstreifen gleich die hohe Zahl an Fußgängern auf, die die Grenze überqueren. Dabei es ist zwischen dem namibischen Ausreise- und dem botswanischen Einreisehäuschen bestimmt ein 3 KM langer Fußmarsch. Hier erleben wir wieder, was uns bereits öfter in Afrika aufgefallen ist: Frauen und Kinder sind mit Taschen bepackt (manche Frauen balancieren sogar Trolleys auf dem Kopf), Männer schlendern mit einer halb leeren Plastiktüte in der Hand nebenher. Klare Rollenverteilung.

Am Einreiseschalter bekommen wir nach Sekunden unseren Einreisestempel, da wir jedoch mit einem Fahrzeug einreisen werde ich noch zum nächsten Schalter geschickt. Die Dame hinter diesem hat einen sichtlich schlechten Tag. Genervt weist sie mich an, die Daten von Helmut in ein Fahrzeugregister einzutragen. Das Buch ist prall gefüllt mit den Einträgen der letzten Monate und die Seiten sind schon ganz zerfleddert. Ob die im Buch befindlichen Daten jemals gelesen, kontrolliert oder für eine statistische Erhebung genutzt werden – ich bezweifle es. Dann müssen wir noch eine Gebühr für das Auto entrichten. Gut, dass wir kurz vor der Grenze doch noch etwas Bargeld abgehoben haben. Wir bekommen eine Quittung über 152 Dollar, haben jedoch 200 bezahlt. Diskussionen hätten die Einreise nur verzögert. Die umgerechnet 3,50 Euro sehen wir als „unkomplizierte-Einreise“-Gebühr. Hinter der schlecht gelaunten Dame hängt ein großes Poster mit der Aufschrift „We fight corruption“… Immerhin werden an der Grenze weder unsere Schuhe desinfiziert noch unser Essen beschlagnahmt.

Dann sind es noch ein paar Kilometer bis zu unserer Campsite für die nächsten zwei Nächte, dem Senyati Safari-Camp zwischen Kasane (Botswana) und Kazungula (Sambia). Die Region um Kasane am östlichen Ende des Caprivizipfels liegt im Vierländereck mit Botswana, Namibia, Sambia und Simbabwe. Daher werden wir in den nächsten Tagen einige Grenzerfahrung sammeln. Das Senyati Safari-Camp liegt ca. 2 KM von der Hauptstraße entfernt und über eine Sandpiste zu erreichen im Lesoma Tal. Sandpiste kann ich schön langsam. An der Rezeption buchen wir unseren Zeltplatz und einen Transfer zu den Victoria Fällen am nächsten Tag. Leider ist hier generell keine Kartenzahlung möglich, also rein ins Auto, Sandpiste zur Straße, Geldautomaten finden (am besten einen der mehr als umgerechnet 50 Euro ausspuckt, was nicht selbstverständlich ist), botswanische Pula geholt und auf der Sandpiste wieder zurück zum Camp. Zurück in der Rezeption steht vor mir ein anderer Reisender, der wohl das selbe Problem hat wie ich. Er bezahlt schließlich in einer Mischung aus botswanischen Pula und Euro, darauf bedacht noch ein paar Pula für die Bar aufzusparen. Ein weiser Mann. Wie sich herausstellt ist Rainer auch deutscher, also Schwabe. Mit seiner Begleiterin Tanya bleibt er auch zwei Nächte im Camp und die beiden fahren morgen auch zu den Vic Falls. Wir sind eine Reisegruppe. Wie der Zufall es will sind die beiden auch noch auf der Campsite direkt neben unserer, wir laden sie also auf ein Bier ein und quatschen uns fest.

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Nach den letzten Tagen ist es richtig erholsam, einmal zwei Nächte am gleichen Ort zu bleiben und nicht das Dachzelt aufzubauen, zu schlafen und dann gleich wieder alles einzupacken. Wir richten uns also häuslich ein (haben sogar ein eigenes Toiletten- und Duschhäuschen sowie eine eigene Outdoorküche). Nach einem schnellen Abendessen gehen wir mit Rainer und Tanya and die Bar, die genau an einem Wasserloch liegt. Von dort oben genießen wir die Aussicht auf die Elefanten, die gerade einmal 15 Meter vor uns die Abkühlung genießen (es hat abends immer noch an die 30 Grad). Plötzlich taucht aus der Dämmerung eine Herde Büffel auf. Ein beeindruckendes Schauspiel als die ca. 200 Büffel in Reih und Glied nebeneinander am kleinen Flusslauf gleichzeitig zu trinken beginnen und innerhalb weniger Minuten wieder in der Dunkelheit verschwinden. Der nahe Ruf eines Löwen bewegt uns dann doch bald dazu, uns ins Dachzelt zurückzuziehen. Ab jetzt werden unsere Schlafplätze keine Zäune mehr haben und die nächtliche Begegnung mit einem Löwen versuchen wir zu vermeiden.

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Teil 13: Das erste Mal Sandpiste

Samstag, 15.12.2018:

WHAT A NIGHT! Nach der recht anstrengenden Fahrt gestern wollen wir heute eigentlich ausschlafen. Wären da nicht die feierfreudigen namibischen Hochzeitsgäste. Die ganze (also wirklich die ganze) Nacht dröhnt die Musik in einer Lautstärke wie zu Hause der Fernseher des schwerhörigen Rentners aus der Wohnung nebenan. Schlaf ist nur spärlich möglich. Um halb 8 morgens verlassen wir unser Bett und es spielt gerade Shakiras „Wacka wacka“. Die Zeilen „…this is Africa“ sind Programm. Wir sind ja schließlich auch im Urlaub und schlafen können wir zu Hause.

Nachdem Helmuts Stromversorgung wieder sichergestellt ist fahren wir los, heute ohne Plan und festes Ziel. Hauptsache wir nähern uns der botswanischen Grenze. Laura checkt während der Fahrt immer parallel zur Karte auch den Lonely Planet ob sich in der Umgebung ein schöner Schlafplatz findet. Und ein paar Kilometer vor Kongola wird sie fündig. 14 KM abseits der Hauptstraße soll es eine Campsite direkt am Kwando River geben wo sich Krokodile und Flusspferde beobachten lassen sollen. Die 14 KM bestehen allerdings aus Tiefsand, von einem kurzen Stück in Sossousvlei abgesehen, unsere erste Tiefsand-Erfahrung. Für die 14 KM benötigen wir gut 1,5 Stunden.

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Tiefsandfahren macht Spaß. 4×4 aktiviert und dann gleitet das Auto über den Sand, nur Anhalten ist nicht so klug. Helmut meistert die Strecke ohne Probleme und am Kwando River angekommen entdecken wir sofort den Platz am Fluss an dem wir übernachten wollen. Wie so oft sind wir die einzigen Gäste. Diese Ruhe ist, gerade nach den letzten Nächten, wirklich toll aber in Anbetracht der tierischen Nachbarn auch manchmal unheimlich. Laura heizt den Grill an und ich baue uns unseren Essplatz am Fluss auf.

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Später schaut noch ein Ranger vorbei und informiert uns, dass wir die Übernachtungsgebühr auch morgen früh bezahlen können, da abends der Generator abgeschaltet wird und dann auch das Kartenlesegerät außer Betrieb ist.

Die Gegend ist saftig und grün, das genaue Gegenteil von der Wüste Namib oder der Steinwüste im Namib-Naukluft. Die Frösche quaken. Das hört sich an als wenn jemand auf diesen hölzernen Klangstäben klopft. Morgen überqueren wir die Grenze. Wir genießen den vorerst letzten Abend in Namibia.

Teil 12: Ab zum Zipfel

Freitag, 14.12.2018:

What a night. Neben uns parken zwei Toyota Hilux, ebenso mit Dachzelten ausgerüstet und Herberge für eine kanadische Familie. Die Kanadier haben entweder ein technisches Problem mit ihrer Alarmanlage oder bewegen sich viel im Schlaf. Warum auch immer – jedenfalls geht das Ding alle halbe Stunde in der Nacht los und reißt uns aus dem hitzegeschwängerten Schlaf (trotz des starken Gin Tonics).

Als wir morgens aus dem Dachzelt klettern sind die Kanadier bereits weg. Wohl aus Scham vor den Nachbarn. Wir beginnen heute unsere Fahrt Richtung Botswana. Die erste Station wird Rundu, nordöstlich des Etoscha-Nationalparks am „Eingang“ zum Caprivizipfel. Die Strecke soll nach Handy-Navi (unser eingebautes GPS funktioniert ja nicht) ca. 4 Stunden bzw. 300 KM betragen. Sachen zusammengepackt und los geht es.

Beim Verlassen des Nationalparks müssen wir an einem Kontrollposten des Veterinäramtes stoppen. Unser Auto wird nach verderblichen Lebensmitteln durchsucht. Dass man frische Fleisch- und Milchprodukte zwar in den Park einführen, aber nicht ausführen darf war uns zu keinem Zeitpunkt bewusst. Dank etwas Glück bzw. afrikanischer Gründlichkeit dürfen wir unser Fleisch, unsere Eier, Milch, Schinken, Käse und was sonst noch alles doch behalten. Der Kontrolleur lässt uns den Kühlschrank und die zweite Kühltasche (Dank geht raus an unsere österreichischen Spender) öffnen. Obwohl alle „verbotenen“ Lebensmittel oben auf liegen hat er nichts zu beanstanden und weist uns an zu fahren. Hier merke ich das erste Mal, dass das Auto schlecht startet.

Die Strecke vom Etosha nach Rundu verläuft ausschließlich über Teerstraßen und wir schalten das erste Mal seit langem wieder das Radio ein um ein Hörbuch zu hören. Als uns der Hunger umtreibt fahren wir in Tsumeb ab und holen uns einen Burger bei „Hungry Lion“, ein vielversprechender Name. Nachdem unser Löwenhunger gestillt ist wollen wir wieder die Straße unsicher machen. Helmut springt nicht an. Nichts tut sich, beim Schlüsselumdrehen bleiben alle Leuchten dunkel. Da bei unserem Auto ein Seil um den Stoßfänger gewickelt ist kommt man mit der Hand nicht an den Entriegelungshebel für die Motorhaube. Durch das Anschließen des Kompressors für die Reifen wissen wir uns aber hier zu helfen: eine Gabel muss für die Dauer der Reise nun als Fingerverlängerung herhalten und findet beim Bordwerkzeug Gesellschaft. Die Klemmen an der Batterie haben sich durch die Schotterpisten im Etosha gelockert. Das wird aber nicht jetzt gerichtet sondern später wenn wir unser Nachtlager aufschlagen. Wir müssen zügig weiter um das Ersatzkabel für unser Navi abzuholen und der Laden um 17 Uhr schließt. Unsere Autovermietung hat uns auf unsere Benachrichtigung hin ein Kabel in einem KFZ-Zuberhörladen in Rundu hinterlegen lassen.

Das Kabel bekommen wir in dem Geschäft auch anstandslos und nach einem erneuten Einsatz der Gabel steuern wir unseren Schlafplatz an. Diesen erreichen wir dann garnicht, denn auf dem Weg halten wir bei einer netten Campsite mit angeschlossenem Restaurant. Mal nicht selber kochen. Auf dem Gelände findet eine namibische Hochzeit statt. Der Bruder der Braut lädt uns bereits ziemlich angeheitert ein, doch mitzufeiern. Hätten wir die Einladung mal lieber angenommen…

Teil 11: Lion King

Donnerstag, 13.12.2018:

Ich erwache von einem lauten, kehligen Röcheln. Beim Schlafengehen habe ich zwar schon zu Laura gemeint, dass unser Zeltnachbar noch lauter schnarcht als ich, aber so laut kann selbst der Typ nicht sein. Etwas verschlafen sage ich zu Laura: „Das ist der Löwe“. Sie lächelt mich verschmitzt an und erwidert: „Ja, ganz sicher ist das der Löwe.“

Nur kurz Sachen angezogen treibt es uns wie von einem Magneten angezogen zum Wasserloch. Sofort sehen wir ihn: ein männlicher Löwe bewegt sich ca. 100 Meter von uns entfernt auf etwas zu. In der Morgendämmerung machen wir sein Zielobjekt aus. Ein zweites Löwenmännchen (der Euphemismus „Männchen“ entbehrt jeder Realität) macht sich an einem erlegten Zebra zu schaffen. Wir denken sofort an das Zebra, das wir letzte Nacht dort am Wasserloch zurückgelassen haben. Mit uns ist ein Paar aus Kanada vor Ort. Er, ca. 50 jährig fuchtelt die ganze Zeit mit einer GoPro umher. Was eine GoPro mit Super-Weitwinkel bei einer Entfernung von 100 Meter zum Löwen auch immer bringen mag. Sie, ungefähr zehn Jahre jünger und mit der Haute Couture des Fotoequipments bestückt, läuft hektisch von links nach rechts um ja den EINEN Schuss zu ergattern. Natürlich machen wir auch Bilder – wir wollen ja nicht nur Zeilen liefern – aber wir sitzen die meiste Zeit da und staunen.

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Nach diesem beeindruckenden Schauspiel machen wir Helmut abfahrbereit und verabschieden uns von der Camp-Crew. Die Jungs und Mädels vom Camp wollen unbedingt die Löwenfotos sehen, Löwen waren hier schon seit zwei Monaten nicht mehr. Dann geht es auf zu unserer letzten Station im Etosha, dem Camp Halali. Die ca. 250 Kilometer verfliegen geradezu mit dem Gedanken, innerhalb von nicht einmal 48 Stunden bereits drei der „Big Five“ (Elefant, Löwe, Nashorn, Leopard & Büffel) gesehen zu haben. Wir nehmen den Umweg über den vielversprechenden „Rhino-Drive“ und erspähen dort einen Vogel und eine Fliege auf der Windschutzscheibe. Fair enough.

Im Camp Halali angekommen errichten wir unser Dachzelt, Laura legt sich aufs Ohr und ich gehe eine Runde im Pool schwimmen. Dann zieht ein Gewitter auf und es fängt an zu regnen. Wir verziehen uns unter den Vorsprung, den unser Dachzelt bietet und kochen Gulaschsuppe. Heute werden abends keine Tiere „gejagt“, wir haben Internetgutscheine gekauft und melden uns mal wieder zu Hause. Ich sitze hier, trinke den stärksten Gin Tonic meines Lebens, beobachte den Honigdachs wie er den Nachbarn die Essensreste klaut und schreibe diese Zeilen.