Teil 20: Weihnachten im Okavango

Montag, 24.12.2018:

Heute ist Weihnachten, doch das realisieren wir (noch) gar nicht so sehr als um 5 Uhr der Wecker klingelt. Es geht früh aus den Federn denn um 6 Uhr startet unsere „morning activity“. Doch bevor wir in einem Mokoro, einem traditionellen Einbaumboot, durch die Arme des Okavango Delta gefahren werden, wird uns erst einmal Kaffee und Tee an unser Zelt gebracht. Wir sitzen im Halbdunkel auf unserer Terrasse, genießen  die heißen Getränke und werden langsam wach.

Nach einem kurzen Frühstück heißt es den auch gleich aufsitzen zur Mokoro-Fahrt. Da das Delta momentan sehr wenig Wasser führt haben wir bis zur Anlegestelle des Bootes eine knappe Stunde Jeep-Fahrt vor uns. Bei Hochwasser starten die Bootsfahrten direkt vom Anleger der Lodge. Wir freuen uns jedoch sehr auf die Fahrt denn der Fahrtwind ist um diese Tageszeit eine willkommene Erfrischung. Diese Uhrzeit ist wohl auch vielen Tieren noch zu früh, neben ein paar Antilopen und Warthogs sehen wir nichts, und sind darüber auch nicht böse. Bei den Mokoro-Booten angekommen verstauen die beiden „Poler“ (die Boote werden mit einem langen Stock angetrieben und gelenkt) Major und Sunday das Equipment, unser Guide Tabo wird beim Jeep bleiben um diesen zu bewachen. Wir glauben, er wird sich noch eine Runde aufs Ohr legen…

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Mit zwei Booten (Pedro und Marcella sind auch wieder mit von der Partie) geht es dann los durch die Ströme des Deltas. Das Wasser ist zum Teil nur wenige Zentimeter tief. Doch Aussteigen wäre keine gute Idee, im Schlamm bleibt man leicht stecken. Unsere Poler erzählen uns einiges über die Tier- und Pflanzenwelt im Delta während wir fast lautlos übers Wasser gleiten. Als wir tiefere Gewässer erreichen steuern unsere Boote eine kleine Insel an. Zum einen, da jetzt erstmal Kaffe und Tee serviert wird. Zum anderen, weil wir uns einer Gruppe Nilpferden nähern, und diesen Zeitgenossen sollte man auch mit erfahrener Begleitung nicht zu nahe kommen. Die Jungen und Kühe bewegen sich vorne weg, das Leitmännchen sichert die Gruppe nach hinten ab. Wir betreten zum Morgenkaffee (es ist mittlerweile 7.30 Uhr) festen Boden und beobachten die für den Menschen gefährlichsten Tiere des Deltas aus sicherer Entfernung.

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Wir lernen, dass Hippos im Falle einer möglichen Bedrohung zuerst das Boot umwerfen und dann mit ihren kurzen aber starken Beinen auf die ins Wasser gefallenen ein trampeln. Na dann halten wir lieber Abstand, sumpfiges Wasser ist auch nicht so unser Revier. Ob unsere Poler schon einmal über Bord gegangen sind wollen wir wissen. Ja, aber nur um die Kamera eines Touristen zu retten. Voller Einsatz für den Gast eben.

Nach der Rückkehr zum Jeep reißen wir Tabo aus dem Schlaf, was dieser natürlich nicht zugibt. Wir brechen auf zurück zum Camp. Jetzt erfahren wir einiges über die Geheimnisse des Tiere-Aufspürens. Live und in Action. Als wir eine Gruppe von laufenden/springenden Antilopen entdecken fahren wir in die Richtung von deren Ausgangspunkt. Dort können wir aus dem Unterholz Geräusche vernehmen. Diese hören sich so an, als würden viele Personen gleichzeitig fest durch die Nase ausatmen. Als Urheber entpuppt sich eine Gruppe (wohl weniger ängstliche) Antilopen. Der Grund für deren aufgebrachtes Schnauben bleibt uns erst verborgen, doch dann sehen wir sie: eine  Leopardin, nur etwa 5 Meter von uns entfernt.

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Als die Leopardin losmarschiert folgen ihr die Antilopen in sicherem Abstand und schnauben sie an, dies hebt ihre Tarnung auf und macht sie so ziemlich jagdunfähig. Ich denke mir kurz: „Die arme, falls sie mal gar nicht jagen sondern einfach nur umherstreifen will, wird sie die ganze Zeit von diesem Geräusch verfolgt.“

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Wahrscheinlich ist sie auch genervt und klettert kurze Zeit später auf einen Baum um es sich dort bequem zu machen. Daraufhin ziehen auch die Antilopen ab. Endlich Ruhe. Wir sitzen im Auto und betrachten unser Weihnachtsgeschenk, so eine Begegnung haben wir uns zwar gewünscht aber keinesfalls erwartet.

Nachdem die Leopardin keine Astalten macht, sich die nächsten Stunden zu bewegen fahren wir zurück zum Camp, das Brunch wartet. Mittlerweile sind Manni und seine beiden Begleiterinnen abgereist und wir sind mit Pedro und Marcella die einzigen Gäste. Nach dem hervorragenden Essen ist es Zeit für eine Siesta (Nachmittags-Bier fällt aufgrund Manni Abreise heute aus) bis um 16 Uhr wieder zum High Tea gerufen wird.

Bei diesem sind dann auch die vier Neuankömmlinge, ein Pärchen aus Schweden und eines aus der Schweiz, anwesend. Wir stoßen schonmal vorab auf Weihnachten an bevor wir zu unserem Sundowner aufbrechen. Diesmal geht es zu einem Gewässer an dem sich auch Nilpferde aufhalten. Unser Weg kreuzt den eines jungen Elefanten. Dieser ist davon nicht ganz so begeistert. Er stellt seine Ohren nach vorne, hebt seinen Rüssel und trompetet. Daraufhin springt Tabo aus dem Jeep, zeiht seine Schreckschusspistole und als der Elefant auf uns zurennt feuert er einen gezielten Schuss direkt neben sein rechtes Vorderbein. Der Elefant tötet empört und dreht ab. Wir fragen Tabo, wie oft er denn so eine Maßnahme ergreifen muss. Er meint lachend, das sei sein erstes Mal gewesen. Ob das tatsächlich so ist oder er uns einfach gut unterhalten wollte bleibt dahingestellt.

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In unserer kleinen Weihnachtsrunde aus allen Herrenländern stoßen wir auf den Heiligen Abend an und tauschen uns über die Bräuche in unsren jeweiligen Heimatländern aus. Laura und ich schenken uns nicht materielles zu diesem Fest. Der Urlaub ist Geschenk genug. Was wir merken ist, dass wir unsere Familien vermissen. Nächstes Jahr gibt es wieder (vielleicht sogar weiße) Weihnachten unterm Christbaum mit Glühwein und Würstchen mit Kartoffelsalat. Es ist schön zu merken, dass es bei Weihnachten nicht um Geschenke geht sondern darum, sich Zeit zu nehmen und diese Zeit dann auch zu genießen. Trotz ein bisschen Sehnsucht nach zu Hause genießen wir es, an diesem Tag an eben diesem wundervollen Ort sein zu können und lassen uns nach einem Ausklang am Lagerfeuer von Tabo ins Bett bringen.

Teil 19: Maun International

Sonntag, 23.12.2018:

Voller Aufregung vor dem bevorstehenden Trip in die Lodge packen wir Helmut zusammen und unsere Sachen für die Weihnachtstage im Okavango Delta. Das Auto lassen wir für den kurzen Urlaub vom Urlaub im Old Bridge Backpackers geparkt. Als Tourist kann man nämlich nur mit einem Kleinflugzeug ins Delta fliegen. So bekommen wir mit unserem Lodge-Aufenthalt nicht nur die Annehmlichkeiten einer solchen Unterkunft sondern auch zwei Flüge über das Okavango Delta.

Mit dem Taxi geht es dann um 7.15 Uhr los zum Flughafen, dem „Maun International Airport“. Die Straße zum Old Bridge kam uns mit unserem 4×4-Fahrzeug relativ entspannt vor, da das Taxi zum Flughafen wohl gar keine Stoßdämpfer mehr hat erinnert uns die Fahrt eher an die Buckelpiste durch den Chobe als an einen innerstädtischen Flughafentransfer. Schließlich biegen wir von Mauns Hauptstraße rechts zum Airport ein. Wir sind zum jetzigen Zeitpunkt die einzigen Touristen, die anderen Fluggäste sind ausnahmslos Mitarbeiter von Lodges. Da der Flughafen auch Flüge nach Südafrika und Namibia bedient, darf er sich „Maun International“ nennen. Er erinnert optisch eher an ein verlassenes Bürogebäude der ehem. DDR.

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Nach einem kurzen Frühstück im Flughafencafé ist dann auch Boarding. Wir haben unsere Boardkarten (handschriftlich auf Papier) bereit und begeben uns durch die Sicherheitskontrolle. Diese ist auch trotz des rustikalen Erscheinungsbildes nicht weniger streng als in München oder Frankfurt. Mit einem Kleinbus geht es aufs Rollfeld wo unsere Maschine wartet und wir von unserem Piloten begrüßt werden. Mit uns fliegen noch zwei Angestellte unserer Lodge. Als ich frage, ob dies ihr täglicher Arbeitsweg ist erzählen sie, dass sie immer drei Monate am Stück in der Lodge arbeiten und dann einen Monat am Stück frei haben.

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Wir heben ab und haben einen atemberaubenden Blick auf die Weite des Deltas. Der Flug verläuft total „smooth“ und aus der Vogelperspektive erhaschen wir Blicke auf Elefanten und Antilopen. Das Delta ist momentan ziemlich ausgetrocknet, wenn hier nach er Regenzeit alles mit Wasser gefüllt wirkt es sicherlich wie eine ganz andere Welt.

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Nach ca. einer halben Stunde Flug landen wir auf der Lodge-eigenen Landebahn wo bereits unser persönlicher Guide für die nächsten Tage in seinem Jeep wartet. Unser Guide heißt Tabo und scheint ein wirklich witziger Kerl zu sein. Wir sind schonmal erleichtert, dass die Stimmung sehr offen und ehrlich und nicht zu steif und hierarchisch ist. Zum Camp sind es ca. 10 Minuten Fahrt. Bei der Ankunft warten bereits die Mitarbeiterinnen der Lodge und begrüßen uns mit einem Lied. Es ist zum Glück so kurz, dass wir gar keine Zeit haben verlegen zu werden.

Im Anschluss begrüßt uns eine Managerin um uns mit dem Camp, den Aktivitäten und den Sicherheitsregeln vertraut zu machen. Auch wenn es hier an nichts mangelt und wir uns auf einem sehr hohen Standard bewegen, ist es hier doch immer noch Wildnis. Die Lodge ist nicht eingezäunt und zu unserem Zelt sind es fast 10 Minuten zu laufen. Nach Einbruch der Dunkelheit müssen wir uns also von Tabo nach Hause bringen lassen, dürfen den Weg nicht alleine gehen. Als Begrüßungsgeschenk bekommen wir jeder eine gravierte Trinkflasche aus Glas, die wir stets mit gekühltem Wasser befüllen, auf unsere Aktivitäten und anschließend mit nach Hause nehmen können.

Nachdem unser Gepäck bereits in unser Zelt gebracht wurde und wir auch dorthin geleitet werden haben wir jetzt erst einmal ein paar Stunden frei bis um 16 Uhr High Tea serviert wird. Wir erkunden also unser Zelt und lassen uns auf das riesige Bett fallen.

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Laura bleibt dort gleich für ein Mittagsschläfchen und mich zieht es zum Pool, wo ich einen anderen Gast treffe. Die Lodge hat eine Kapazität von insgesamt 20 Personen, momentan sind wir sieben Gäste. Auf Seiten des Personals sind es sicher 40 Leute, die für unser Wohlbefinden sorgen. Nach den Wochen der Selbstverpflegung sind wir wohl die dankbarsten Gäste. Der andere Gast, den ich treffe ist Manni aus Portugal. Er hat in den 70ern und 80ern „a little money“ in den Gold- und Diamantenminen im gesamten südlichen Afrika verdient und lebt nun mit seiner südafrikanischen Frau wieder in Portugal. Wir trinken ein paar Bier, gehen in den Pool und reden über Gott und die Welt.

Nach dem High Tea mit frischem Kuchen und Gebäck beginnt unsere „afternoon activity“. Wir fahren zusammen mit Marcella und Pedro, einem jungen Ehepaar aus Ecuador bzw. Kolumbien, in einem offenen Geländewagen durch den Busch auf der Suche nach Tieren. Tabo hat uns zu Beginn danach gefragt, was wir gerne sehen möchten und wir haben wie aus der Pistole geschossen geantwortet: „Leopard“. Also sind wir jetzt auf der Suche nach einem solchen. Auf seine humorige Art erzählt uns Tabo allerlei interessantes über die hiesige Flora und Fauna, wir sehen Giraffen, Elefanten, Impalas, Red Lechwe (eine Antilopenart die sich stets in Wassernähe aufhält), Warthogs (meine erklärten Lieblingstiere des Urlaubs) und diverse Vogelarten. Plötzlich steuert Tabo auf einen Baum zu und als wir diesen erreichen, sehen wir ersteinmal nichts. Doch genau im Gras vor uns liegt ein großer männlicher Löwe der gerade eine Fresspause einlegt. Seine Mahlzeit ist ein Gnu, dessen Bauchhöhle klafft offen und liefert den Beweis, dass es sich bei dieser Art tatsächlich um Grasfresser handelt. Tabo fährt auf die andere Seite des Baumes und bringt uns so auf die andere Seite des Windes. Wir danken es ihm, der Gestank des toten Tieres überstieg fast die Schönheit des Löwen.

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Obwohl der Löwe nur knapp vier Meter von uns entfernt im Gras liegt haben wir keinerlei Angst. Was die Anwesenheit eines erfahrenen Rangers doch bewirkt. Wir lassen den Löwen in Ruhe und fahren zu einem Plateau mit Blick zum Horizont, es ist Zeit für den Sundwoner. Tabo und sein Spurenleser Major holen einen Tisch und eine Kühlbox aus dem Jeep und servieren eiskalten Gin Tonic. Mit dem Blick über die Steppe schmeckt dieser einfach so, wie man sich Gin Tonic in Afrika vorstellt.

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Nach unserer Rückkehr ins Camp sitzen wir mit den anderen fünf Gästen, den Guides und den Managern der Lodge beim Abendessen, trinken hervorragenden südafrikanischen Wein und tauschen unsere Sichtungen des Tages aus. Auch wenn hier alles inklusive ist braucht es heute genau noch einen Gin Tonic, dann gehen bei uns die Lichter aus.

 

Teil 18: Der Genuss, nicht zu fahren

Donnerstag, 20.12. – Samstag, 22.12.2018:

Nach der Fahrerei der letzten Wochen ist es ein wirklicher Luxus, nicht morgens das Zelt abzubauen, den Tag im Auto zu verbringen um am Abend das Zelt wieder aufzuschlagen. Trotz der Schönheit der Landschaft, der Nähe zu den Tieren und manch witziger Geschichte ist das tägliche Reisen ein bisschen wie das täglich grüßende Murmeltier und zehrt auch an den Nerven. Das ist aber wohl der Preis, den man zahlt wenn man so viel wie möglich sehen möchte.

Die Tage in Maun sind dafür eine willkommene Abwechslung. Der Gaskocher bleibt aus, wir lassen uns im Restaurant heiße Burger und Pizzen schmecken, die Bar versorgt uns mit eiskaltem „Windhoek Lager“ und Amarula on Ice. Der Blick vom Old Bridge Backpackers auf den Fluss und die Kühe gibt uns fast das Gefühl von zu Hause.

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Wir sind „angekommen“ und haben nun auch endlich die Zeit und das Internet, um uns in unserem wirklichen zu Hause zu melden. Von Laura habe ich zum Nikolaus das Kartenspiel „The Game“ bekommen. Das packen wir jetzt aus und werden nach kurzer Zeit süchtig. Die Stunden vergehen nur so beim Spielen und die Gedanken an die langen, ruckelnden Sandpisten der vergangenen Wochen ebenso.

Maun ist an sich keine schöne Stadt, eigentlich gar keine Stadt sondern vielmehr eine lange Straße gesäumt von Supermärkten, Schrotthändlern und Tuck Shops (kleine Kioske die Handyguthaben und Pommes verkaufen). Maun ist aber der Ausgangspunkt für Reisen ins Okavango Delta, ein von Angola aus mit dem Wasser des Flusses Cavango gespeistes Delta mit einer atemberaubenden Landschaft und einer einmaligen Vielfalt an Tieren. Dokutipp: Okavango – Der Fluss der Krokodile.

Das Okavango Delta ist auch Heimat einiger ausgewählter Lodges, die zahlungskräftigen Gästen Fünf-Sterne-Luxus inmitten dieser einzigartigen Kulisse bieten. Die Preise für eine Nacht reichen hier bis zu 8.000 Euro pro Person. Von einem Freund habe ich den Tipp bekommen, dass die meisten Lodges jedoch mit sich handeln lassen, wenn sie kurzfristig noch Kapazitäten frei haben. Diesen Rat nehme ich mir zu Herzen und starte meine Verhandlungen. Wäre ja eine tolle Art, Weihnachten zu feiern. Tatsächlich erhalte ich bereits einige Stunden nach Versenden meiner ersten Mail eine Antwort und diese sogar von unserer favorisierten Lodge. Diese ist nämlich nicht auf den reinen Luxus ausgerichtet, sondern auf ein persönliches Ambiente im Einklang mit der Natur. Luxus bietet sie aber trotzdem. Zu einem unschlagbaren Preis werden wir also die Tage vom 23. bis 25. Dezember in einer dieser sagenhaften Lodges zubringen. Was für eine Entwicklung, gerade haben wir uns noch über die sauberen Duschen auf dem Campingplatz gefreut. Aber: Die Vielfalt macht das Leben spannend.