Donnerstag, 5. Dezember 2018:
Inzwischen haben wir Helmut. Helmut ist ein Toyota Hilux 4×4 mit Dachzelt. Auf dieses Fahrzeug habe ich mich schon bei der Buchung unserer Reise wie ein kleines Kind (passender: wie ein kleiner Junge) gefreut. Als wir jedoch Helmut zum ersten Mal leibhaftig und in seiner vollen Größe sehen, fragen wir uns beide ob wir mit diesem Gefährt überhaupt irgendwo durch- bzw. darunterpassen. Im Alltag schätzen wir es nämlich gerade an unserem kleinen Peugeot, dass wir uns diese Fragen nicht stellen müssen. Alleine um in die Fahrerkabine von Helmut einzusteigen, ist eine gewisse Schwindelfreiheit vorausgesetzt. Daran werden wir uns aber wahrscheinlich ebenso schnell gewöhnen wie an das Fahren auf der linken Seite.

Wir fahren nach einer sehr detaillierten Einweisung in das Fahrzeug, das Dachzelt und sämtliche Ausrüstungsgegenstände nun los und das Auto wird unser Zuhause für die nächsten vier Wochen sein. Kurz nachdem wir Windhoek verlassen haben, passieren wir einen Checkpoint. Diese Checkpoints befinden sich an allen Ein- und Ausfallstraßen der Stadt, welchen Zweck sie haben erschließt sich uns (noch) nicht so ganz. Wir werden angehalten, nach unserem Weg gefragt und mit den Worten verabschiedet: „Viel Spaß auf der Reise zur Geschichte eurer Vorfahren“…
Bald endet die geteerte Straße und geht über in eine sogenannte „Dust Road“. Die Straßen in Namibia lesen sich am Besten wie folgt kategorisieren:
- Schnellstraße: asphaltiert und vergleichbar mit einer deutschen Bundes- oder Landstraße
- „Dust Road“: nicht asphaltiert, keine Fahrbahnmarkierungen, besteht aus plattgewalztem Sand
- „Gravel Road“: wie „Dust Road“, nur besteht die Fahrbahn nicht aus Sand sondern aus Steinen von er Größe einer Olive über Golfball- bis hin zu Tennisballgröße
- „Other“: alles, wofür man dringend ein 4×4 Fahrzeug benötigt, solch eine Straße haben wir bisher noch nicht befahren (dürfen)
Auf unserer Reise werden uns mehrheitlich Straßen der Kategorie „Gravel Road“ und „Other“ von einem Ziel zum nächsten führen. Da muss Helmut zeigen, was er draufhat. Der Name Helmut wurde übrigens daher gewählt, da wir beide mit „Helmut“ einen starken, älteren aber auch gutmütigen Herrn verbinden was auch sehr auf unser Auto zutrifft. Auch wenn das mit dem Alter nicht ganz passt (Helmut ist erst ein Jahr alt), so führt er uns doch beständig und ohne Murren über die holprigen Pisten und bietet uns dabei auch noch ein Dach über dem Kopf, warme Mahlzeiten und kalte Getränke.
Unsere erste Nacht verbringen wir in Sesriem, einem „Ort“ ca. 350 KM südwestlich von Windhoek am Rand der Namib-Wüste. Wir lernen auf unserer ersten Fahrt gleich, dass Überlandfahren auch bedeutet, oft mit nicht mehr als 20 km/h unterwegs zu sein. Aus Erzählungen wissen wir auch, dass wir in der Kalahari eher mit 4 km/h rechnen müssen. Die Übernachtung auf der Sesriem-Campsite haben wir gewählt, da sie innerhalb des Nationalparks liegt, welcher auch die Dünen von Sossousvlei beherbergt. Da es ein einmaliges Schauspiel ist, den Sonnenaufgang von den Dünen aus zu beobachten ist also für den nächsten Tag frühes Aufstehen gefordert. Wenn man innerhalb des Nationalparks übernachtet darf man eine Stunde früher zu den Dünen aufbrechen. Diese Stunde mit weniger Reisegruppen ist es uns Wert unsere erste Nacht im Dachzelt hier zu verbringen.
Für jeden Nationalpark auf unserer Strecke braucht es eine eigene „Permit“. Da wir meist jeden Tag in einem anderen Park verweilen brauchen wir also einen ganzen Leitzordner voller Permits. Meistens kann man diese am Tor zum Park erwerben, da wir aber ein paar Tage in Windhoek hatten, konnten wir die Permits für die ersten Stationen bereits dort einholen. Die Besorgung dieser Permits hat auch dazu geführt, dass ich zum ersten und hoffentlich letzten Mal von der namibischen Polizei mitgenommen wurde. Diese Geschichte sollte nicht unerwähnt bleiben:
Die Nationalparkverwaltung in Namibia ist zweigeteilt: für die Permits, also die reine Erlaubnis in die Nationalparks einfahren zu dürfen, ist das Ministerium für Umwelt und Tourismus zuständig. Alles was mit dem Übernachten in den Parks zusammenhängt regelt das „National Wildlife Reserve“. Aber hier gibt es auch wieder Ausnahmen. Naja, immerhin wurde ich für die Beschaffung der Permit vom NWR zum MET geschickt mit einem kleinen Zettel, auf dem sich die Adresse befand. Ich schaute in Google-Maps und machte mich zur Fuß auf den Weg, es sollten ca. 1,2 KM Fußmarsch durch die Stadt sein. Nachdem ich die Haupteinkaufsstraße Windhoeks verlassen hatte und mich gerade eines kleinen Spaziergangs erfreute, hielt plötzlich ein Polizeiauto am Bordstein neben mir. Am Steuer des Wagens saß ein Polizist in Zivil und auf dem Beifahrersitz seine uniformierte Kollegin. Die dritte Kollegin, die auf der Pritsche des Pick-Ups gerade Spiele auf ihrem Smartphone spielte, bemerkte ich erst später. Der Polizist fragte mich, was ich denn hier mache. Ich antwortete, dass ich Spazieren gehe und beim MET Permits besorgen wolle. Er meinte, als (weißer) Tourist sei das eine denkbar schlechte Idee (es war ca. 14 Uhr nachmittags, ich fühlte mich total sicher) und wies mich an einzusteigen, er würde mich jetzt zum Ministerium fahren. Gesagt, getan, ich stieg ein und nach einer kurzen Unterhaltung waren wir auch schon da. Ich hätte so eine Eskorte jetzt zwar nicht gebraucht, aber ein Erlebnis war es allemal und die Permits habe ich auch ergattert.
Wir fahren nun also mit unseren Permits am Eingang zum Sesriem-Camp vor und uns wird ein Stellplatz gleich bei den Duschen und dem Pool zugewiesen. „Haben wir ein Glück“ denken wir uns, mit einem Pool haben wir in der Namib-Wüste dann doch nicht gerechnet und schon garnicht zum Preis von ca. 15 Euro pro Nacht für uns beide und Helmut. Bevor wir uns nun also ans Aufstellen des Dachzelts und ans Abendessen machen, erstmal eine Runde abkühlen im Pool. Abkühlen reicht dann aber auch denn der Pool hat seine besten Tage bereits weit hinter sich.

Wir bauen also lieber unser Lager auf und wollen dringend essen bevor die Sonne untergeht. Es geht ein kräftiger Wind und die Kombination aus Wind und Wüstensand bedeutet, dass es ganz schön knirscht beim Essen. Wir sind aber noch am Anfang unseres Camperdaseins und in der Lernphase. In den nächsten Tagen wird das schon. Wir müssen am nächsten Morgen um 4 Uhr aufstehen, also gehen wir schon gegen 21 Uhr ins Bett.
Ein Kommentar zu „Teil 5: Unterwegs mit Helmut“